Das Schweizer Bankenwesen wurde bereits in den 1970er Jahren um eine wichtige Institution bereichert: die Samenbanken.
1970: erste Samenbank in St. Gallen
AID wurde in der Schweiz seit den 1960er Jahren praktiziert. Die erste Samenbank wurde 1970 am Kantonsspital St. Gallen eingerichtet; das Sperma wurde mittels flüssigem Stickstoff und Glycerol konserviert.
1979: 5 Samenbanken – Schweizer Arbeitsgruppe für artifizielle Insemination
1979 existierten bereits 5 AID-Zentren: die Universitätspitäler Bern und Basel, die Kantonsspitäler St. Gallen und Liestal sowie das Bezirksspital „La Carita“ in Locarno. Diese 5 Zentren zeichneten sich durch folgende, gemeinsamen Eigenschaften aus: Die AID-Zentren waren einer öffentlichen gynäkologischen Klinik angegliedert. Zweitens wurden die Inseminationen vor Ort, d.h. am Sitz der jeweiligen Samenbank, durchgeführt. Drittens waren diese AID-Zentren der sog. „Schweizer Arbeitsgruppe für artifizielle Insemination“ angeschlossen. Diese Arbeitsgruppe wurde 1977 gegründet und bezweckte die Koordination der Aktivitäten, die Standardisierung der Prozesse sowie die Zusammenarbeit bei wissenschaftlichen Projekten.
Spenderauswahl
In Bern, St. Gallen und Liestal wählten die Gynäkologen, welche die Inseminationen durchführten, die Spender selber aus. In Basel und Locarno erfolgte die Auswahl durch Gynäkologen und Genetiker. In allen Zentren wurden 1979 die Spender nach folgenden Kriterien gewählt: Motivation zur Spende, normaler psycho-intellektueller Status, unauffälliges genetisches Screening, unauffällige klinische Befunde, unauffällige Laborbefunde (einschliesslich Syphilis und Gonorrhoe), Alter zwischen 20 und 40 Jahren, Spermienanzahl, -beweglichkeit und –morphologie normal.
Einzig Locarno und Basel, die Genetiker bei der Spenderauswahl beteiligten, nutzten zusätzlich einen von Dr. Bühler entworfenen, standardisierten Test, der potentielle Spender wie folgt untersuchte: genealogische Recherche, Alter (< 40 Jahre), Ausschluss von Hochrisiko-Berufen, Ausschluss von Medikamenten- und Drogenmissbrauch, Karyotyp-Bestimmung, Ausschluss von Farbenblindheit, Hörtest, Blutdruck, Urintest, Test des Atemapparats, pränatale Untersuchungen während der Schwangerschaft. Bern, St. Gallen und Liestal wendeten diesen spezifischen Test bei der Spenderauswahl nicht an.
In der Arbeitsgruppe wurde die Frage der Karyotyp-Bestimmung offenbar kontrovers diskutiert. Anlass zu Diskussionen und unterschiedlichen Auffassungen gaben insbesondere folgende Fragen: Ist es rechtens, die Resultate zu dokumentieren? Ist es ökonomisch vertretbar, einen derart kostspieligen Test durchzuführen? Wie löst eine durch AID schwangere Frau das moralische Dilemma im Fall eines auffälligen Testresultats („acceptance of termination of the pregnancy“)? Der in Bern tätige Gynäkologe Ulrich Gigon erachtete eine Karyotyp-Bestimmung als nicht erforderlich, empfahl aber eine Fruchtwasseranalyse während der Schwangerschaft.
Die Arbeitsgruppe hielt 1979 fest: „So lange die rechtlichen Probleme der AID nicht endgültig geklärt sind, erachten wir folgendes Vorgehen als angebracht: Genetisches Screening inklusive Karyotyp-Bestimmung für alle potentiellen Spender, gefolgt von einer Amniozentese (Fruchtblasenpunktion) bei der schwangeren Frau.“
In Bezug auf die Identität herrschte in der Arbeitsgruppe derweil Klarheit: „Unter keinen Umständen wird die Identität des Spenders in den Akten erwähnt.“
Die Auswahl der in den Samenbanken vorhandenen Keimzellen erfolgte in allen AID-Zentren aufgrund der Blutgruppe, welche zum späteren rechtlichen Vater passen musste. In Locarno und St. Gallen wurden zur Auswahl überdies körperliche Kriterien des um AID ersuchenden Paares herangezogen. In Bern wurden die Samen verschiedener Spender stets gemischt. Damit sollte zweierlei erreicht werden: a) keine Identifikation des Spenders – weder durch Vaterschaftstest noch durch Hinweise des behandelnden Personals, b) keine Möglichkeit des Paars, sich einen „Spender“, z.B. anhand körperlicher Kriterien, auszuwählen.
Zur Anzahl Kinder pro Spender: s. hier.
Quelle: Present status of AID and sperm banks in Switzerland, A. Campania, U. Gigon et al., in: Human Artificial Insemination and Semen Preservation, 1980, Plenum Press, New York (Publikation im Zusammenhang mit dem International Symposium on Artificial Insemination and Semen Preservation, Paris, 1979).