Dass die AID-Zentren sowohl die Identität der Spender als auch die Tatsache der AID-Behandlung geheim hielten, ist bekannt und wird an anderer Stelle eingehend erläutert.
Wie die behandelten Paare mit der Insemination umgingen bzw. umgehen, ist eine ganz andere Frage. Ende der 70er-Jahre wurde diese Frage am Centre d’Etudes et de Conservation du Sperme in Lyon untersucht. Dazu wurden 72 Paare befragt.
77 % der Paare gaben an, die Insemination gegenüber allen Dritten absolut geheim halten zu wollen. 23 % der Paare gaben an, die Insemination kommunizieren zu wollen – in unterschiedlichem Ausmass.
Faktisch hätten indes viele Paare die Insemination gegenüber gewissen Personen kommuniziert. Unter den erwähnten 77 % der Paaren, die absolute Geheimhaltung wünschten, kommunizierte offenbar knapp die Hälfte dennoch gegenüber ausgewählten Personen in ihrem Umfeld (Ärzte ausgenommen). Die Studie kommt entsprechend zum Schluss: Nur die Hälfte der Paare, die absolute Geheimhaltung wünschen, erreichen dies auch.
Wesentliche Argumente für die Geheimhaltung der Insemination waren:
- Es ist unmöglich, die Insemination nachzuweisen und gleichzeitig möglich, die Insemination zu verschweigen, deshalb weiss niemand, dass das Kind nicht von uns beiden ist, deshalb ist es „mehr unser Kind“.
- Verschweigen der Reproduktionsunfähigkeit (des Mannes oder des Paares): Die Geburt eines Kindes ermöglicht es dem Paar, wie andere Paare zu sein.
Nachstehende Tabelle zeigt weitere Gründe für Geheimhaltung bzw. Offenlegung der Insemination.
Die Studie endet mit der Empfehlung, die Entscheidungsfreiheit des Paares betreffend Geheimhaltung oder Offenbarung solle nicht beeinträchtigt werden.
Quelle: Handling of Secrecy by AID Couples; Manuel, Chevret und Czyba, Lyon, 1979.