„Ich war die Nummer 81“

Artikel aus „Der Bund“ vom 16. März 2019

https://www.derbund.ch/articles/30025931

Drei junge Männer aus der Berner Szene lebten 1983 zusammen in einer WG – und spendeten anonym Samen. Einer von ihnen war unser Autor.

Daniel Ludwig

Hast du das Buch?» Verschlafen streckte der WG-Kollege seinen Wuschelkopf durch die halb geöffnete Tür meines Zimmers. Er schien nervös, war er doch mit seiner allwöchentlichen Pflichtaufgabe spät dran und somit unter Druck. «Das Buch? Da. Wünsche viel Vergnügen bei der Arbeit an dir selber.» So ungefähr könnte ich gewitzelt haben, bevor ich mein Zimmer verliess, um wie jeden Mittwoch kurz vor neun Uhr morgens unserer Abgabepflicht nachzukommen.

Im Gegensatz zu meinem Kollegen hatte ich die dazu notwendige Verrichtung bereits hinter mir. Das Resultat schwappte körperwarm und gut geschützt in einem gläsernen Reagenzglas in der Innentasche meiner Jacke. Wir mussten die vom Auftraggeber auferlegte Transportzeit von maximal dreissig Minuten strikt einhalten, der Weg zum Ziel war zwar kurz, aber ein zeitlich überstrapazierter Transfer der Ware hätte sich unweigerlich negativ auf die Qualität der Lieferung ausgewirkt. Dies würden die Fortpflanzungsgötter in Weiss mit ihren hoch entwickelten Mikroskopen sofort registriert haben.

Unter dem Mikroskop: Spermien.

Wir waren drei junge Männer aus der Berner Szene, wir wohnten 1983 in einer Wohngemeinschaft und spendeten anonym Samen an der Frauenklinik der Universität Bern. Das pikante Buch, das ich meinem Kollegen damals auslieh, war ein mit allerlei erotischen Geschichten gespicktes Werk der amerikanischen Autorin Anaïs Nin. Der Titel lautete «Das Delta der Venus». Im selben Jahr war dasselbe Büchlein in Deutschland wegen jugendgefährdender und pornografischer Inhalte auf den Index gesetzt worden. In der braven Schweiz durfte man es aber ungehindert erwerben. Anaïs Nin, eine Ex-Geliebte des erotomanen US-Schriftstellers Henry Miller, war bei der bewegten Jugend der Achtzigerjahre en vogue, und ihre Geschichten entpuppten sich als weitaus prickelnder als zerfledderte Pornoheftchen oder die damals grassierenden Emmanuelle-Erotikfilmchen.

Ein Reingewinn von 40 Franken

Pro Ejakulation gab es 60 Franken Honorar. Wir frotzelten damals: «Pro Schuss e Sächzger.» Die Rechnung ist simpel: Wir mussten jeden Mittwochmorgen spätestens um neun Uhr unser Sperma abgeliefert haben. Dies ergab ein wöchentliches WG-Gesamteinkommen von total 180 Franken, monatlich summierte sich unsere Arbeit auf 720 Franken. Die Wohnung kostete 600 Franken im Monat. Jeder von uns verbuchte ergo einen Reingewinn von 40 Franken

Samenspenden erwies sich effektiv als harte Arbeit, denn wir standen meist unter Zeitdruck. Das allwöchentliche morgendliche Müssen entpuppte sich bei mir als ein der Lust abträglicher Faktor, es war mir selten nach termingebundener Pflichtmasturbation zumute – auch wenn der öde Spruch aus der damaligen Rekrutenschule nachhallte: «Noch härter als der Zahn der Bisamratte ist die täglich Morgenlatte.» Soweit ich mich erinnere, gab es nebst literarischen Stimulanzien in unserer WG gelegentlich auch weiblich-handfeste Abhilfe durch eine uns dreien gleichermassen wohlgesinnte Frau, die – je nachdem, wem sie gerade hold war – bei der wöchentlichen Verrichtung sekundierte.

«Helfen» wollte ich niemandem

Wir verdienten also Geld, um kinderlosen Paaren Nachwuchs zu ermöglichen. Ich fand das ziemlich aufregend, hatte aber keine speziell weltanschaulichen Gründe dafür. Ich wollte niemandem «helfen». Die Aussicht, anonym Vater eines Kindes zu werden, hat mich damals auch nicht über Gebühr beschäftigt. Es war wohl viel jugendliche Gedankenlosigkeit im Spiel. Aus materiellen Gründen habe ich den Job auch nicht gemacht, verdiente ich doch mit Hilfsjobs in einer Berner Metzgerei sowie in der Küche einer Berner Altstadtbeiz genug Geld, um mein Leben und meine Schauspielausbildung zu finanzieren.

Der Gynäkologe, der mich bei der Rekrutierung befragte, hiess Fischer – aber ich kann mich irren, es ist lange her. Wobei dieser Name gut zu seiner Tätigkeit als Spermienfänger gepasst hätte, nomen ist schliesslich omen. Den 2015 verstorbenen Gynäkologen Ulrich Gigon, der für das heterologe Inseminationsprogramm am Frauenspital Bern verantwortlich zeichnete und über Jahre hinweg Hunderten von Paaren praktisch ohne behördliche Aufsicht zu einem Kind verhalf, habe ich meines Wissens aber nie getroffen (vgl. Zweittext unten). Mich beschäftigte auch nicht sonderlich der Hinweis des Arztes, dass ein durch heterologe Insemination gezeugtes Kind in seinem Leben niemals erfahren dürfe, wie es gezeugt worden sei.

Das ist heute kaum vorstellbar. Ich wurde nur informiert, dass es noch mehrere andere Samenspender gebe – zwei davon kannte ich ja – und dass das Sperma jedes Spenders auf seine Qualität hin taxiert, nach Blutgruppe eingeteilt und vor der Insemination mit andern Spenderejakulaten vermischt werde. Sie, die Ärzte, wüssten bei einer erfolgreichen künstlichen Befruchtung also nie, von welchem ihrer anonymen Spender das erfolgreich gezeugte Kind abstamme.

Einer meiner beiden Kollegen erfuhr damals allerdings von seinem Inseminationsbetreuer, «sein Samen habe sich bewährt». Also doch keine Mixtur? Seltsam. Wir werden es wohl nie erfahren. Wobei man erwähnen muss: Auch die verantwortlichen Mediziner sollen im grossen Stil Papas geworden sein. Es wurde erst viel später bekannt, dass der Klinikchef und einige seiner engsten Mitarbeiter sich am Inseminationsprogramm beteiligten und im kleinen Kreis geprahlt haben sollen, Väter von Dutzenden von künstlich gezeugten Kindern zu sein.

Erwünschter Halbakademiker

Meine Rekrutierung zum Samenspender verlief weitgehend anonym. Der Arzt wollte meinen Namen gar nicht erst wissen, ich musste bloss über mein momentanes Tun und über das mögliche Vorhandensein etwaiger Erbkrankheiten in der Familie Auskunft geben. Weder wurde ich nach Pass noch Identitätskarte oder Krankenkassenausweis gefragt. Mir wurde nur Blut abgenommen, die Blutgruppen mussten ja mit denjenigen der kinderlosen Eltern kompatibel sein. Ich wurde auch nicht genötigt, den Nachweis einer höheren Schulbildung vorzulegen.

Ich sollte eine Samenreserve anlegen für den Fall, dass ich später ein Kind haben möchte.

Der Arzt hatte im Gespräch mitbekommen, dass ich ein paar Jahre zuvor die Matura bestanden hatte, ein Veterinärstudium abgebrochen hatte und nun Schauspieler werden wollte. Ich war in seinen Augen also eine Art Halbakademiker und wurde deshalb wohl für tauglich befunden. Ein WG-Kollege von damals meint heute, dass man auch keine roten Haare hätte haben dürfen. Sein damaliger Arzt hatte ihm gesagt, dass ein Elternpaar, ob braun-, blond- oder gemischthaarig, niemals rothaarigen Nachwuchs bekommen dürfe; dies sei vom Phänotyp her problematisch und würde unweigerlich bei der Verwandtschaft unangenehme Fragen nach der wahren Herkunft des Kindes aufwerfen.

«Sehen Sie Ihre Spermien?»

Das Abliefern unseres Ejakulats im Fauenspital war speziell. Der Umstand, dass die teilweise attraktiven Réceptionistinnen des Frauenspitals sicherlich wussten, weshalb wir jungen Männer immer mittwochs kurz vor neun Uhr vorbeihasteten, nötigte der einen oder anderen ein charmant-wissendes Lächeln ab. Ich muss wohl beim Vorbeigehen an den Damen betreten genickt haben, um danach leicht verschämt rechts um die Ecke einen langen Gang entlang bis ganz nach hinten zu eilen; dort wiederum befand sich eine waagrecht zu öffnende Schiebe- oder Klapptür. In einer Art Durchreiche stand ein Holzgestell. In die vorgebohrten Holzlöcher stellten wir unser Reagenzglas mit dem frisch gewonnenen Ejakulat. Darauf klebte immer eine Nummer. Ich war die Nr. 81 – daran erinnere ich mich reagenzglasklar.

Ungefähr fünf Monate nach meiner Rekrutierung steckte jedoch ein Zettel im Holzgestell. «Nr. 81, bitte bei Doktor Soundso melden.» Ich erschrak. Böses ahnend, meldete ich mich bei meinem verantwortlichen Gynäkologen. Er führte mich in ein Untersuchungszimmer. Der folgende Dialog könnte sich etwa so zugetragen haben: «Sehen Sie Ihre Spermien, junger Mann?» Ich blinzelte durch das Mikroskop auf meine stark vergrösserten Einzeller. Meine Replik könnte gelautet haben: «Meine Spermien sehen lustig aus. Einige bewegen sich, andere ruhen sich aus, und ein paar tanzen um sich selber wie chinesische Tanzmäuse.»

Viel Käse essen, dann kommts gut

Der Arzt nickte, konfrontierte mich dann allerdings mit den Fakten: «Die unbeweglichen Spermien ruhen sich nicht aus, sie sind tot. Sie haben den Wiederauftauprozess nicht überlebt. Wir frieren das gespendete Sperma mit flüssigem Stickstoff auf fast 200 Grad minus. Ihre wenigen Spermien, die noch leben, sind verkrüppelt und tanzen um sich selber, statt eifrig die weibliche Eizelle zu suchen. Sie verfügen ergo über keinerlei Motilität.» – «Mobilität, meinen Sie?» An diese Dialogstelle erinnere ich auch genau. «Nein, Motilität», antwortete der Arzt. «Es stammt vom Wort Motus – Bewegung – ab.» Ich war perplex.

«Noch was, junger Mann», sagte der Arzt: «Es tut mir leid, aber Sie lieferten in der letzten Zeit lediglich 5 bis 8 Millionen Spermien pro circa 1,5 Milliliter Ejakulat. Das ist viel zu wenig. Normal sind 30 bis 40 Millionen. Was ist los mit Ihnen? Hatten Sie zwischendurch Geschlechtsverkehr?» Ich biss damals wohl schuldbewusst auf die Lippen. «Sie wissen ja», fuhr der Arzt fort: «Wer bei uns sein Sperma spendet, sollte weder onanieren noch mit der Freundin schlafen. Je öfter Sie sich dazu verleiten lassen, desto geringer ist Ihre Spermienkonzentration.» Ich fühlte eine Art Scham in mir hochsteigen. Der Arzt bilanzierte schliesslich: «Junger Mann, Ihre Spermien sind unbrauchbar. Wir müssen fortan aufeinander verzichten.»

Das allwöchentliche morgendliche Müssen entpuppte sich bei mir als ein der Lust träglicher Faktor.

Es war tatsächlich ein paarmal zu Geschlechtsverkehr gekommen. Auch gelegentlichem Onanieren hatte ich nicht gänzlich abschwören können. Ich war aber immer darauf bedacht gewesen, dass die «Ausnahmen» sehr kurz nach der Spermienabgabe im Frauenspital stattfanden, meist am selben Mittwoch oder spätestens am folgenden Donnerstag. Ich hoffte, dass diese Mauschelei bei den Stichproben im Labor nicht bemerkt würde. Die Fortpflanzungsgötter liessen sich aber nicht überlisten, und ich war raus aus dem Programm. «Wie leben Sie eigentlich?», fragte mich der Arzt weiter. «Sind Sie besonderem Stress ausgesetzt?» Ich konterte meinerseits mit Fakten: «Ich schlafe wenig und rauche viel. Von sieben Uhr morgens bis zwei Uhr nachmittags arbeite ich in Hilfsjobs. Danach ist Schauspielschule und abends Vorstellung. Nach dem Aufräumen und Putzen geht man auf ein Bier. Dann ist da auch das andere Geschlecht.»

Der Arzt runzelte die Stirn. «Das wird es wohl sein. Diese geringe Spermienanzahl kann es bei viel beschäftigten jungen Männern durchaus geben.» An den folgenden Satz erinnere ich mich auch klar: «Wenn Sie aber doch mal mit einer Frau ein Kind haben möchten, rate ich Ihnen: Gehen Sie für ein paar Wochen auf eine Alp, rauchen Sie nicht, schlafen Sie viel und essen Sie viel Käse. Dann kommt es gut.» Ich ging von dannen und spürte eine Art heitere Resignation.

Befund: «Carcinoma embryonalis»

Einige Monate später rettete mir meine damalige Freundin – eine Ex-Krankenschwester, die ich als Hilfspfleger Jahre zuvor im Lindenhofspital kennen gelernt hatte – wahrscheinlich das Leben. Sie hatte einen unter meiner Hodenhaut liegenden Knubbel gespürt und mich zum Arzt geschickt. Ein paar Tage später stand die Diagnose nach der operativen Entfernung des einen Hoden und dem histologischen Befund fest: «Carcinoma embryonalis» – Hodenkrebs, nicht bestrahlbar, Chemotherapie wirkungslos. Das hiess: In einer zweiten Operation mussten vom Urologen all die unzähligen abdominalen Lymphbahnen, auf denen etwaige Metastasen zu anderen Organen unterwegs sein konnten, «exstirpiert» beziehungsweise rausgeschnippelt werden.

Unter dieser Schnippelei litt auch mein «Nervus sympathicus», der unter anderem dafür verantwortlich zeichnet, dass im Moment des Höhepunktes Sperma in die Harnröhre gepumpt wird. «Künftige Orgasmen sind kein Problem», meinte der Urologe bei einer Visite. «Aber Sie werden keine Ejakulation mehr haben.» Hoppla. Das war ein hoher Preis. Ich musste mich zuerst daran gewöhnen. Eine Zeit lang war Sex wie ein gefühlter Aufstieg auf die Jungfrau (mein einziger Viertausender), doch wenn ich oben auf dem Gipfel angelangt war und als Lohn die Rundsicht geniessen wollte, wurden mir flugs die Augen verbunden. Das war frustrierend.

Diagnose: Meine Spermien hatten allesamt ausgetanzt und waren mausetot.

Ein starker Trost: Ich würde zwar nicht mehr fertil sein, aber weiterleben. Aber wenn sich doch mal der Kinderwunsch melden sollte? Um dem vorzubeugen, stand ich Monate nach meinem Rausschmiss, und ein paar Tage vor der zweiten Operation wieder im Frauenspital in einer engen Kabine. Ich sollte eine Samenreserve anlegen für den Fall, dass ich doch später mit einer Frau ein Kind haben möchte. In der Hand hielt ich das wohlbekannte Reagenzglas, diesmal mit meinem Namen drauf, ich war keine anonyme Nummer mehr.

Auf einem Tischchen steckte ein Blümchen in einem Glas, und es lagen mehrere Sexmagazine herum. Eines davon hiess «Schlüsselloch». Auf der Frontseite des Heftchens rekelte sich eine nackte Frau. Ihr behaartes Delta der Venus starrte mich an. Resultat: Einige meiner schockgefrorenen Tanzmäuse wurden Jahre später im Frauenspital probehalber wieder aufgetaut, um sie auf ihre Robustheit hin zu untersuchen. Diagnose: Meine Spermien hatten allesamt ausgetanzt und waren mausetot.

Vielleicht tue ich es aus Neugier

Ich weiss noch nicht, ob ich in naher Zukunft meine DNA einem amerikanischen Labor zukommen lasse, um herauszufinden, ob es doch einige meiner Anfang der Achtzigerjahre gespendeten Spermien es wider Erwarten geschafft haben sollten – Millionen von Konkurrenten ein Schnippchen schlagend –, eine weibliche Eizelle zu entern. Vielleicht tue ich es aus reiner Neugier.

Sollte es einen direkten oder indirekten Treffer geben – also eine genetische Übereinstimmung mit einer oder mehren Personen, die im Sommer 1983 im Berner Frauenspital per heterologer Insemination gezeugt wurden –, dann würde ich (und nur ich) vom entsprechenden Labor über eine anonyme Mailadresse darüber informiert. Was ich daraus mache, obliegt einzig meiner Entscheidung.


Von der Grauzone zur Bewilligungspflicht

Die beiden Berner Gynäkologen Ulrich Gigon und Rolf Haldemann praktizierten an der Frauenklinik des Universitätsspitals Bern ab Mitte der 1970er- und bis weit in die 1980er-Jahre hinein die sogenannte «heterologe Insemination». Kinderlose, meist verheiratete Paare hatten bei Unfruchtbarkeit des Mannes oder bei Vorhandensein einer Erbkrankheit in dessen Familie die Möglichkeit, durch Einspritzung von Fremdsamen in den Gebärmutterhals der Frau doch noch zum erhofften Kind zu kommen.

Wie der Website www.inselmination.com zu entnehmen ist, sollen die beiden Gynäkologen bereits in den ersten vier Jahren über sechshundert Paare behandelt haben – bei über vierhundertfünfzig mit Erfolg. Als Samenspender engagierten die beiden Ärzte anfänglich Medizinstudenten, später erweiterten sie die Auswahl auf andere Akademiker und junge Männer mit höherer Schulbildung. Rechtlich war die Situation damals unklar. Aus diesem Grunde verblieben nicht nur die Samenspender in strikter Anonymität, auch das ganze Inseminationsprozedere wurde nicht schriftlich dokumentiert.

Die betroffenen Paare hatten keine Möglichkeit, unter verschiedenen Spendern eine Auswahl zu treffen. Es wurde ihnen nur gesagt, dass Blutgruppe und Augenfarbe übereinstimmen bzw. mit dem Elternpaar kompatibel sein mussten. Weiter wurde ihnen eingeschärft, dass das Kind niemals etwas über die Umstände seiner Zeugung erfahren dürfe. Nach der durch eine Krankenschwester mittels Kanüle durchgeführten Insemination des Fremdspermas mussten die betroffenen Frauen eine Stunde liegenbleiben; nach dem Aufstehen, wurden sie angehalten, das vereinbarte Honorar von 200 Franken bar zu bezahlen.

Hoffen auf einen «Treffer»

Rechtlich hat sich seither einiges geändert. Am 1. Januar 2001 trat das Fortpflanzungsmedizingesetz in Kraft. Es schreibt vor, dass heterologe Inseminationen fortan einer Bewilligungspflicht unterliegt, dass der Samen des Spenders nicht mit andern vermischt werden darf und dass die Personalien des Spenders bekannt sein müssen. Hier ein Auszug aus besagtem Gesetz: «Jedes geborene Kind aus einer Spenderinsemination muss zusammen mit den Personalien der Eltern und des Spenders an das Amt für das eidgenössische Zivilstandswesen in Bern gemeldet werden. Dort hat das Kind mit Erreichen der Volljährigkeit die Möglichkeit, Einzelheiten über den Spender zu erfahren.»

Wer im Jahr 2019 das 18. Lebensjahr vollendet und weiss, dass er oder sie durch heterologe Insemination gezeugt wurde, hat nun die Möglichkeit, seinen biologischen Vater kennen zu lernen. Schwieriger gestaltet sich die Situation für Menschen, die vor 2001 geboren wurden. Da die Spenderväter damals weder Namen noch sonstige Angaben hinterlegen durften, bleibt nur der Weg, über das Einsenden der eigenen DNA an ein spezialisiertes Labor (meist in den USA).

Dort wird ein Abgleich mit den DNA-Datenbanken vorgenommen, um den biologischen Vater zu eruieren. Die Voraussetzung für einen «Treffer» ist allerdings, dass die Samenspender bereit waren, eigene DNA zwecks Auffindung etwaiger Nachkommen einem Labor zur Verfügung zu stellen – was wohl in den seltensten Fällen der Fall sein dürfte.

Zum Beispiel Hannes Streif

In den Medien kommen in jüngster Zeit immer häufiger Menschen zu Wort, die es nach langen Recherchen geschafft haben, per DNA-Abgleich zumindest Halbgeschwister ausfindig zu machen. Als eindrückliches Beispiel fungiert der Anwalt Hannes Streif, der in der SRF-Rundschau vom 19. Dezember 2018 über seine jahrelange Suche und das Auffinden von zwei Halbgeschwistern erzählte.

Der Bund

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