
Wenn der rechtliche Vater nicht der genetische Vater ist
Dem Entscheid BGE 134 III 241 lag folgender Sachverhalt zugrunde: Eine 62-jährige Frau klagte auf Feststellung, dass jener Mann nicht ihr rechtlicher Vater sei, welcher bei Ihrer Geburt mit ihrer Mutter verheiratet gewesen ist und die Klägerin als sein eigenes Kind aufgezogen hat. Der hochbetagte Beklagte wollte sich einer DNA-Analyse verweigern. Das Bundesgericht bestätigt, dass zwar die Anfechtung der Ehelichkeitsvermutung nicht mehr möglich ist und der beklagte Mann damit der rechtliche Vater bleibt. Es gestand der Klägerin aber ein Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung zu und wog dieses Recht gegen das Interesse des Beklagten auf körperliche Integrität (DNA-Probe) ab. Das Gericht kam in diesem Fall zum Schluss, dass das Interesse an der Kenntnis der eigenen Abstammung überwiegt und wies das Obergericht an, die nötigen Zwangsmittel anzuordnen. Thema dieses Entscheids ist also nicht, wer der Erzeuger ist, sondern wer es nicht ist.
Rechtliche Vaterschaft in einer Ehe geht genetischer Herkunft vor
Im Entscheid 5A_332/2017 lagen die Dinge anders: Ein Ehepaar bekommt ein Kind, doch ist der Erzeuger unbestrittenermassen ein Dritter. Dieser Dritte wollte der rechtliche Vater des Kindes sein und verlangte, es sei der Ehemann zu verpflichten, seine bestehende Vaterschaft anzufechten und die Vaterschaft des Dritten feststellen zu lassen. Ausserdem behauptete der Dritte, dass die Weigerung des Ehepaars, sich freiwillig zu diesen Schritten bereit zu erklären, seine Persönlichkeit verletze. Das Gericht verneinte ein Anfechtungsrecht des Dritten (entsprechend der Regelung im ZGB) und sah im Übrigen keine Persönlichkeitsverletzung des Dritten aus diesem Sachverhalt. Was das Recht des Dritten auf Kenntnis der Nachkommenschaft (als Teil seines Persönlichkeitsrechts) angeht, hält das Gericht fest, es sei unbestritten, dass er der Erzeuger sei und daher „bedarf es der entsprechenden Klage nicht“. Fazit: Der genetische Vater eines Kindes hat keine Möglichkeit, seine Vaterschaft rechtlich anerkennen zu lassen, wenn die Mutter des Kinds verheiratet ist und deren Ehemann die Vaterschaft nicht anficht.
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